Im Jahre 1666 wütete ein verheerender Brand in der britischen Hauptstadt London. Er hinterließ Zerstörungen solch gigantischen Ausmaßes, dass er als der Große Brand von London in die Geschichte einging. Fünf ganze Tage lang wütete er in den Straßen und zerstörte vier Fünftel der Stadt. Unzählige öffentliche Gebäude und an die 90 Kirchen fielen ihm zum Opfer. Er verschlang 13.200 Häuser und zerstörte damit das Heim und die Lebensgrundlage eines Großteils der Bewohner von London. Innerhalb nur weniger Tage wurden so mehr als 100.000 Menschen obdachlos. Nach damaligen offiziellen Angaben sollen nur neun Menschen während des Großen Brandes ihr Leben verloren haben, wobei die tatsächliche Zahl vermutlich viel höher lag.
Wie hatte ein solch heftiges Feuer entstehen können? London im 17. Jahrhundert war noch eine Stadt, die mit vielen eng bebauten Gassen und Straßen mittelalterliche Züge aufwies, in denen sich die Wohnhäuser aneinanderdrängten. Obwohl seit geraumer Zeit für Neubauten untersagt, wiesen sowohl alte wie auch neue Häuser eine Bauweise auf, die nach oben hin breiter wurde, d. h. die oberen Stockwerke wurden auf die jeweils unteren Stockwerke überhängend gebaut, um so den Platz maximal zu nutzen. Dadurch standen die Häuser viel zu dicht beieinander. Gerade in heißen Sommern konnte so die Wärme, die in den Gassen hing, nicht entweichen und lag wie ein Glutofen in der Stadt. Darüber hinaus wurden die Häuser, mit ihren offenen Feuerstellen im Haus, aus Lehm und Holz gebaut. Um sie vor Feuchtigkeit zu schützen, verputzte man sie innen oft noch mit Teer. Somit bestanden die meisten Häuser aus leicht brennbarem Material. Doch in jener Zeit wurde Holz nicht nur zum Bau der Häuser benutzt. Auch für die Wasserleitungen unter der Straße wurde noch Holz verwendet, was für unsere Ohren abenteuerlich klingen mag, im 17. Jahrhundert aber üblich war.
Der Sommer des Jahres 1666 war ein extrem heißer und trockener Sommer und ab August wehte ein trockener Wind durch die Stadt. Die wohlhabendere Bevölkerung hatte in diesem Sommer der Hitze und Enge der Stadt den Rücken gekehrt und sich aufs Land geflüchtet. Doch alle anderen Londoner hatten nicht ein solches Glück. Die Menschen fürchteten, dass der trockene Wind wie im Jahr zuvor die Pest mit sich in die Stadt bringen und verbreiten würde. Doch niemand ahnte, welch anderes Unheil in diesem Spätsommer bevorstand, denn der Wind, die Trockenheit und die Wärme sollten die Ausbreitung des Feuers enorm begünstigen.
Am Feierabend des Abends zum 1. September nun, hatte der königliche Bäcker Thomas Farynor, der seine Bäckerei in der Pudding Lane in der Nähe des Themseufers hatte, eine Restglut in seinem Backofen übersehen. In der Nacht, während die Familie friedlich schlief, entzündete sich diese Restglut und im Haus brach ein Feuer aus. Obwohl die Bäckerfamilie das Feuer überlebte, hatte ihre Magd nicht so viel Glück und wurde das erste Opfer des Großen Brandes. Durch die beengte Bauweise der Straßen griff das Feuer vom Haus der Bäckerei aus schnell auf die Nachbarhäuser über und breitete sich von dort in rasantem Tempo auf die Gassen und Straßen der Umgebung aus und begann, sich einen Weg durch die Stadt zu schlagen. In der Nähe der Themse standen zu jener Zeit Lagerhäuser, in denen Material wie Öl, Kerzen, Kohle, Harz und Spirituosen gelagert wurden, die leicht entzündbar waren und als Brandbeschleuniger wirkten.
So entstanden neue Brandherde und in den nächsten Tagen griff das Feuer weiter um sich. Der Himmel über London war durch das Feuer grell erleuchtet und von weiter Ferne aus konnten die Menschen das merkwürdige Licht über der Stadt sehen. Für die Menschen in der Stadt begann ein Kampf ums Überleben. Denn zu jener Zeit gab es keine Feuerwehr und die Wasserleitungen aus Holz hatten Lecks, die man suchte, indem man die Straßen aufriss. Dadurch verringerte sich der Wasserdruck so sehr, dass kaum noch Wasser zu den Brunnen und Wasserstellen in der Stadt gelangte. Man versuchte, dem verheerenden Brand mit Wassereimern entgegenzutreten. Der Bürgermeister der Stadt, Sir Thomas Bludworth, unterschätzte das Feuer völlig und ergriff zunächst keine weiteren umfangreicheren Maßnahmen. Doch am dritten Tag war den Menschen klar, dass nur noch die Flucht blieb. Überall in der Stadt war Panik ausgebrochen und jeder versuchte, sein Hab und Gut auf Wagen zu verstauen, um es aus der Stadt oder auf die Boote, die an der Themse lagen, zu bringen. Man stelle sich nur einmal vor, wie unerträglich die Situation war: die Angst, alles zu verlieren, womöglich das eigene Leben, dazu die unerträgliche Hitze, die in den vormals ohnehin schon heißen Gassen und Straßen der Stadt geherrscht hatte und die inzwischen zu einem Glutofen herangewachsen war.
Die Szenen wurden immer dramatischer, als schließlich das Feuer auf die St. Pauls Kathedrale übergriff und das Blei der Kathedrale schmolz und die Mauern herab auf die Pflastersteine der Straße lief. Zeitzeugen aus jenen Tagen berichteten von Bächen, die herabflossen. In der nahe gelegenen St. Faith‘s Chapel lagerten die Vorräte der Londoner Buchhändler, die ebenfalls Feuer fingen.
Als das Feuer sich immer weiter auszubreiten drohte, beschloss der Bürgermeister zu handeln und schließlich wurde der König in seinem Palast in Whitehall kontaktiert. Doch auch dem König drohte der Widerstand der wohlhabenderen Bevölkerung. Einzig die Sprengung von Häusern in verschiedenen Straßenzügen, um so eine Schneise gegen das Feuer zu schlagen, hätte noch geholfen. Doch die Häuser waren der Grundbesitz der wohlhabenderen Bevölkerung und die wären mit einer Sprengung nicht einverstanden gewesen. Doch man hatte keine andere Wahl und letztendlich konnten der königliche Palast und die Gegenden außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern eben nur durch eine solche Sprengung am letzten Tag des Brandes gerettet werden. Auch der Tower Of London, der inzwischen bedroht war, überstand so den Großen Brand von London. Gleichzeitig ließ der Wind nach, was wohl der hauptsächliche Grund dafür war, dass das Feuer endlich unter Kontrolle gebracht werden konnte.
Nur wenige Tage nachdem das Feuer endlich gelöscht worden war, begann man mit dem Wiederaufbau der Stadt. Die Menschen hatten zunächst mit dem puren Überleben zu kämpfen und zogen vorübergehend oftmals ins Umland von London, um eine neue Bleibe und neue Verdienstmöglichkeiten zu finden. Doch schließlich musste ein neues Leben in der Stadt möglich gemacht werden. Um solch eine erneute Katastrophe ein für alle Mal zu vermeiden, wurde der überhängende Baustil der Häuser endgültig verboten. Auch wenn das Straßenmuster aus dem Mittelalter an sich weitestgehend erhalten bleiben sollte, so wurden doch breitere Straßen vorgeschrieben und die Häuser sollten aus Ziegelsteinen statt wie bisher aus Holz gebaut werden. Neue Gebäude entstanden allerorts und großartige Architekten wie Sir Christopher Wren, der heute vor allem für die von ihm entworfene neue St. Pauls Cathedral bekannt ist, ergriffen ihre Chance beim Wiederaufbau der Stadt.
Doch die Menschen in der Stadt suchten einen Sündenbock. Gerade der König, der befürchtete, dass die Schuld den Katholiken zugewiesen werden könnte und der selbst mit einer Katholikin verheiratet war, war nur allzu bereit das unter Folter entstandene Schuldgeständnis des Jesuiten und französischen Uhrmachers Robert „Lucky“ Hubert, im Auftrag des Papstes das Feuer gelegt zu haben, zu akzeptieren. Erst nachdem man ihn trotz Beweisen für seine Unschuld gehenkt hatte, wurde offiziell bekannt, dass er erst mehrere Tage, nachdem das Feuer in der Stadt ausgebrochen war, nach London gekommen war.
Der Wiederaufbau der Stadt dauerte zehn Jahre. In der Nähe der Ausbruchsstelle des Feuers wurde ein Monument, eine Säule, mit einer Höhe von 62 Metern errichtet, die Szenen des Großen Brande zeigt. Ein Schild, das die Schuld den Jesuiten zuwies und vom damaligen König Charles II. angebracht worden war, wurde erst 1830 entfernt.
Das eben erwähnte Monument, das in Erinnerung an den Großen Brand von London 1666 erinnern sollte, kann man heute besichtigen. Es ist 62m hoch und hat eine Aussichtsplattform, von der man eine fantastische Sicht auf die Stadt hat.
Adresse: The Monument to the Great Fire of London, Fish St Hill, London EC3R 8AH
Webseite: https://www.themonument.org.uk/
U-Bahn-Station: Monument (District and Circle Line)
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