Camden Town ist wohl einer der Stadtteile von London, der sich sowohl bei Touristen als auch bei den Londonern seit mehreren Jahrzehnten einer ununterbrochenen allgemeinen Beliebtheit erfreut. Seitdem die Punk- und Musikszene Ende der Siebzigerjahre die Gegend für sich entdeckt und komplett verwandelt hat, gilt Camden Town als ein kultureller Hotspot, ein Zentrum für die alternative Szene und für die Musik, für Rockmusik und eben natürlich den Punk Rock. So manche Stars der Musikbranche lebten und leben in Camden und nicht zuletzt hat der Musiksender MTV in Camden direkt am Regent’s Canal seinen Londoner Sitz. Die Straßenmärkte, die sich heute zu beiden Seiten entlang der Camden High Street ziehen, haben seit Mitte der Siebzigerjahre das Viertel wohl gerade bei den Touristen bekannt gemacht. Jede Woche zieht es um die 500.000 Besucher zu den Märkten, das sind im Jahr immerhin 26 Millionen.
Camden Town bzw. der Stadtteil London Borough of Camden, wie er offiziell heißt, liegt im Norden von London. Südlich grenzt die City of London an Camden Town, im Norden die Stadtteile Barnet und Haringey. Östlich von Camden liegen Islington und in westlicher Richtung die City of Westminster. Direkt durch Camden führt der berühmte Regent‘s Canal, der einst eine wichtige Verkehrsader war und auf dem auch heute noch so manches Hausboot anliegt. Spaziergänge und Touren auf und entlang des Regent‘s Canals führen direkt zu Londons Little Venice.
Der Name „Camden“ geht auf den ersten Earl of Camden namens Charles Pratt zurück, der ab 1786 diesen Titel innehatte. 1788, also zwei Jahre später, erhielt er durch einen Act of Parliament die Erlaubnis, die Gegend östlich der heutigen Camden High Street urban zu machen. Nur wenige Jahre später begann er mit dem Bau von Häusern, die er vermietete. Mit der einsetzenden Industrialisierung Englands begann sich dann wie überall im Lande auch langsam das Erscheinungsbild von Camden zu ändern. Ab dem beginnenden 19. Jahrhunderts setzte schließlich auch der Lord of Southampton entlang des westlichen Teils der heutigen Camden High Street Schritt für Schritt seine Pläne zur Urbanisierung in die Tat um.
Der Beginn der Industriellen Revolution bedeutete, dass sich Camden zu einem Verkehrsknotenpunkt für den Güterverkehr in London entwickelte, denn im Camden der späten 1830-er Jahre endeten die Zuglinien der North Western Railway und an dieser Stelle wurden nun die Güter von der Bahn auf die Pferde zum Weitertransport verladen. Außerdem führt durch Camden der Regent’s Canal, der 1816 eingeweiht wurde. Er ist ein 14 km langer Kanal, der den Londoner Norden mit dem Osten von London mit seinen Hafenanlagen verbindet, dort wo die Handelsschiffe des damaligen Kolonialreiches anlegten. In Camden wurden also die Waren von den Booten der Kanäle und von den Waggons der Eisenbahn mittels Pferden umgeladen und weitertransportiert. Die wichtigsten Zeugnisse aus jener Zeit sind das Roundhouse in Camden, das 1846 für die Eisenbahn errichtet wurde, die Camden Locks, wo Waren gelagert wurden und The Stables, ein ehemaliges Pferdehospital für die Arbeitspferde von Camden. Camden war also im 19. Jahrhundert ein für London wichtiger, aber kein sonderlich attraktiver Ort zum Leben.
Eine Wende für Camden, weg von einem reinen Arbeiterviertel und einstigem Verkehrsknotenpunkt für den Handel, kam in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, mit der Entstehung der Märkte, die in den 1970-er Jahren öffneten. Parallel dazu entstand mit den kulturellen Veränderungen durch Rock’n’Roll und später den Punk Rock eine alternative Szene in Camden. Plötzlich entdeckte man auch alle anderen attraktiven Seiten der Gegend. Geschäfte, Cafés und Restaurants öffneten. Die Pubs waren in vielen Fällen ohnehin schon da und wurden mit Musikevents zu beliebten Orten.
Und so zählt Camden bis heute zu den angesagten Gegenden Londons. Inzwischen sind jedoch, wie in vielen Gegenden der britischen Hauptstadt, auch in Camden die Immobilienpreise gestiegen. Trotz allem sieht man hier noch viel vom Charme der Siebzigerjahre. Vermutlich gibt es nirgendwo in London eine Gegend, in der man sich so bedenkenlos zeigen kann, wie man möchte, wo es einfach niemanden wundert, wenn man mit einem verrückten Outfit durch die Straßen spaziert oder man sich plötzlich entscheiden sollte, die Haare grün oder lila zu färben und verrückt zu stylen. In Camden ist einfach alles möglich!
Bis heute hat sich Camden Town eine ganz eigene Atmosphäre bewahrt. Seien es die oft schrägen Ladenverzierungen, die Häuserwände, die mit Graffiti und farbenfrohen Bildern versehen sind, die vielen kleinen Läden und Cafés. Studios, in denen man sich ein Piercing machen oder eine Tätowierung stechen lassen kann, gehören ebenso zum Bild des Viertels wie farbenfrohe Klamottenläden oder Schmuckläden, in denen man oft außergewöhnliche Sachen finden kann, über Musikläden, in denen man sogar Schallplatten finden kann, bis hin zu kleinen Möbelgeschäften, Antiquitätenläden und Läden für Kunsthandwerk. Auch wenn in den letzten Jahrzehnten die eine oder andere Ladenkette eine Filiale eröffnet hat, so haben sich die Anwohner bisher dagegen gesträubt und so sind in Camden Town nach wie vor überdurchschnittlich viele kleine unabhängige Läden zu finden.
Doch es sind nicht nur die Läden entlang der Camden High Street, die das Viertel besonders machen. Gerade der Regent’s Canal, der das Viertel durchzieht, gibt ihm seinen besonderen Flair. Brücken überqueren den Kanal, an dessen Seiten man schöne Spaziergänge bis zu Londons Little Venice oder dem Regent’s Park unternehmen kann. Auch die Straßen des Viertels entlang der Wohnhäuser bieten schöne Spaziermöglichkeiten und lassen ein wenig das Leben der Londoner in diesem Teil der Hauptstadt erahnen.
Kulturell wird in Camden so einiges geboten: Es gibt unzählige Pubs, Clubs, unabhängige Theater und Veranstaltungsorte aller Art. Die Pubs ziehen jeden Abend nach wie vor viele Besucher an. Zu Zeiten, als die Pubs noch gegen 22 oder 23 Uhr schließen mussten, war die Gegend dafür bekannt, dass einige Pubs eine Lizenz für einen längeren Ausschank hatten und zogen so Abend für Abend Besucher an, die in den Pubs im Zentrum oder anderswo nach Hause geschickt wurden, aber noch weiterfeiern wollten.
Musikalisch ist Camden Town auch heute noch einer der zentralen und wichtigsten Orte der Stadt und nach wie vor eine der angesagtesten Gegenden dafür in London. In Camden haben große Bands wie The Doors, Pink Floyd, Madness und später Blur und Amy Winehouse gespielt. Letztere wohnte bekanntermaßen auch in Camden Town.
Und doch sind es eben die bereits erwähnten Märkte, die nicht nur Einheimische, sondern auch unzählige Touristen magisch anziehen. Sie erstrecken sich auf beiden Seiten entlang der Camden High Street, die etwas weiter nördlich hinter der Eisenbahnbrücke in die Chalk Farm Road übergeht. Auf den Märkten kann man einfach alles Mögliche kaufen: Kleidung, Second Hand oder neu, Schmuck, Kunsthandwerk und Antiquitäten. An den vielen Essensständen, an denen es Streetfood aller Art gibt, duftet es verführerisch nach der Küche aus aller Herren Länder.
In Camden Town gibt es verschiedene Märkte, die teilweise unterschiedliche Dinge anbieten.
Camden Market
Der Camden Market auf der rechten Seite der Camden High Street. Unter den verschiedenen Märkten in Camden ist der Camden Market der größte, auf dem es vor allem am Wochenende ungemein voll ist.
Buck Street Market
Der Buck Street Market befindet sich in der Nähe der Camden Town U-Bahn-Station. Auf dem Markt wird vor allem Kleidung verkauft.
Inverness Market
Der Inverness Market etwas kleinerer ruhigerer Markt, der sich in einer Seitenstraße der Camden High Street befindet. Er entwickelte sich aus einem Markt, auf dem es Obst und Gemüse für die Bewohner Camden Towns gab. Auf dem Inverness Market gibt es auch heute noch einige Essensstände. Ansonsten wird eher Kleidung verkauft, aber auch Accessoires und Souvenirs. In der Inverness Street gibt es tagsüber versteckt hinter den Ständen außerdem zahlreiche Pubs und Bars.
Kerb Street Food Market
Der Food Market in der Kerb Street ist noch relativ jung. Wie der Name schon verrät, dreht sich hier, mit unglaublich vielen Essensständen aller Art, alles um das Essen. Wer Street Food probieren möchte, ist auf diesem Markt genau richtig.
Camden Lock Market
Der Camden Lock Market befindet sich direkt hinter der Eisenbahnbrücke, wenn man von der U-Bahn-Station Camden Town die Camden High Street entlang läuft. Vor allem das wunderschöne Gebäude des Camden Lock Market ist sehenswert. Auf dem Markt gibt es weniger Kleidung, dafür aber umso mehr Kunsthandwerk, Schmuck und Accessoires. Gerade wenn du auf der Suche nach einem originellen Erinnerungsstück an deinen Urlaub in London bist, solltest du hier fündig werden. Im Erdgeschoss findest du auch hier Essensstände.
Camden Stables Market
Der Camden Stables Market liegt direkt gegenüber vom Camden Lock Market im Norden der Camden High Street. Das Besondere am Camden Stables Market ist, dass er, wie schon erwähnt, in einem ehemaligen Hospital für Pferde aus viktorianischer Zeit untergebracht ist, in dem einst kranke Arbeitspferde untergebracht wurden. Heute erinnert im Markt noch die eine oder andere Nachbildung oder Verzierung von Pferden an diese Zeit. Die Stände ziehen sich entlang der Gänge und Plätze des Geländes und in den einstigen Ställen, mit ihren gewölbten Decken, sind ebenfalls Stände untergebracht. Schon allein aus diesem Grund ist der Markt unbedingt sehenswert. Auf dem Stables Market gibt es alles Mögliche zu kaufen, von Kleidungsstücken und Schmuck bis hin zu Kunsthandwerk und Möbelstücken.
Camden Canal Market
Der Camden Canal Market ist ein recht kleiner Markt, aber vor allem für Kleidung interessant. Er befindet sich direkt am Regent’s Canal. 2008 wurde der Camden Canal Market von einem schlimmen Brand heimgesucht. Seitdem konnte der Markt jedoch wieder aufgebaut werden und heute scheint diese Katastrophe beinahe vergessen.
Tipp: Nimm für deinen Besuch in Camden Town genug Bargeld mit. Auch wenn du mit der Kreditkarte inzwischen so einiges bezahlen kannst, so wird doch auf den Märkten nach wie vor oft nur Bargeld akzeptiert. Die Märkte öffnen gegen 10 Uhr und schließen 18 Uhr. Die meisten Läden, die auf den Märkten untergebracht sind sowie diejenigen in der Camden High Street, öffnen 10 Uhr und schließen um 20 Uhr. Die Essensstände bieten meist ihr Essen ab 11 Uhr an, haben dafür aber abends auch etwas länger geöffnet. Es lohnt sich auch, die kleinen Cafés und Bistros im Viertel zu erkunden, von denen manche auch in den Seitenstraßen liegen.
Wenn du es etwas ruhiger magst, dann besuche Camden Town in der Woche oder morgens. Ab 11 Uhr wird es in der Regel schon richtig voll und am Wochenende sind wahrlich Menschenmassen unterwegs. Das ist aber eben Teil von Camden Town und der Atmosphäre des Viertel, die man einfach mal erlebt haben muss.
U-Bahn-Station: Camden Town (Northern Line)
Camden Town liegt genau an der Grenze der U-Bahn-Zone 1.
Die U-Bahn-Station ist an den Wochenenden zum Teil hoffnungslos überfüllt und man kommt oft nur schleppend aus dem Gebäude raus und muss zeitweise gar warten, um hineingelassen zu werden, wenn die Bahnsteige einfach überfüllt sind.
Alternativ kannst du auch eine Station weiter nach Chalk Farm fahren (ebenfalls Northern Line auf der Edgware Road-Abzweigung – Achtung in Camden Town teilt sich die U-Bahn-Linie). Von Chalk Farm aus läufst du dann in südlicher Richtung Haverstock Hill hinunter zur Camden High Street und damit zu den Märkten.
Jewish Museum
129-131 Albert Street,
London NW1 7NB
The Roundhouse ist heute ein Veranstaltungsort.
Chalk Farm Road
London NW1 8EH
https://www.roundhouse.org.uk/
Regent’s Park
Der riesige beliebte Park befindet sich direkt im Westen von Camden Town.
Primrose Hill Park
Der Park Primrose Hill liegt im Westen von Camden Town und nördlich des Regent’s Park.
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