Das Londoner Chinatown ist zwar im weltweiten Maßstab eine eher kleinere Chinatown, zieht nichtsdestotrotz jedes Jahr unzählige Besucher in seinen Bann. Das bunte quirlige Treiben des Viertels, die unverkennbare chinesische Dekoration der Läden, Restaurants und Straßen, die Gerüche, die von den Restaurants, Supermärkten und Bäckereien herüberwehen und die zweisprachigen Straßenschilder versprühen das exotische Flair des chinesischen Viertels inmitten der großen europäischen Metropole.
Chinatown erstreckt sich im Grunde genommen in den Straßen rund um den Leicester Square in Richtung Shaftesbury Avenue mit ihren vielen Theatern, in etwa zwischen Rupert Street, Lisle Street und Charing Cross Road, wobei sich die Grenzen tatsächlich verwischen. Es gibt vier große wunderschöne chinesische Tore, die den Eingang zu Chinatown markieren.
Das Londoner Chinatown ist eigentlich noch recht jung. Ab Ende des 18. Jahrhunderts begannen sich chinesische Einwanderer in London anzusiedeln. Wie in vielen anderen Großstädten weltweit ließen sich auch die chinesischen Einwanderer in London in einer ganz bestimmten Gegend nieder, in der sie gemeinsam lebten und arbeiteten, in der sie ihre Kultur, ihre Traditionen pflegen konnten und die eine kleine Stadt in sich selbst darstellte.
Das erste Chinatown Londons befand sich noch in der Nähe der Docklands, in der Nähe von Limehouse. Das war kein Wunder, denn in den Docklands liefen natürlich die Schiffe der großen East India Company ein und der Hafen in den Londoner Docklands florierte Dank des britischen Kolonialreiches. Die Läden und Restaurants im damaligen Chinatown hatten nicht nur die neuen Einwanderer aus China als Kunden, sondern auch die Seefahrer.
Doch im Zweiten Weltkrieg wurde das Chinatown in dieser Gegend zum großen Teil zerstört. Viele Bewohner zogen in den Jahren nach dem Krieg vom ehemaligen Chinatown in die verschiedensten Stadtviertel von London. Doch der Ruf nach einem eigenen Viertel bestand und schließlich entstand das neue Chinatown direkt in Soho.
Um ganz auf die Anfänge des Stadtviertels Soho - und damit auch des neuen Chinatowns - zu blicken, muss man in die Zeit des Großen Feuers von London zurückgehen, das 1666 ausbrach und große Teile der Stadt zerstörte. Als sich die Bewohner Londons nach diesem schrecklichen Ereignis daran machten, ihre Stadt wieder aufzubauen, änderten sie Londons Stadt- und Straßenbild vielerorts, passten es den neuen Gegebenheiten an und beendeten die engen Wohn- und Straßenverhältnisse, die noch aus dem Mittelalter gestammt hatten und letztendlich die Ausbreitung des Feuers innerhalb kürzester Zeit begünstigt hatten.
Die Gegend von Soho war bis dahin einerseits als Ort für militärische Ausbildung bekannt, andererseits wurde sie noch landwirtschaftlich genutzt. Sie war im Besitz von Lord Gerrard, der nun die Erlaubnis erteilte, in der Gegend Gebäude zu errichten und Straßen anzulegen. So entstand 1685 auch die nach ihm benannte Gerrard Street. Später wurden eine Markthalle und auch ein Schlachthof hinzugefügt und somit die Basis für Soho gelegt.
Bereits ein Jahrhundert später war Soho ein Ort, an dem sich Künstler, Autoren und, im Zuge der Entstehung der ersten Parteien im Lande, auch politisch Begeisterte sowie die Intelligenz der Stadt niederließen. Schon in dieser Zeit zog die Gegend viele Einwanderer an, allen voran die Hugenotten, die nach den Turbulenzen in Frankreich auch in England eine neue Heimat gefunden hatten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts folgten ihnen weitere Einwanderer, vor allem Italiener, Malteser, Iren und Juden. Dies wirkte sich natürlich auch positiv auf die Kultur der Stadt und eben auch auf die Gegend des heutigen Soho aus, in der Klubs und Tavernen öffneten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Gegend in Soho eine preisgünstige Gegend Londons und die Mieten erschwinglich. So zog es einen großen Teil der chinesischen Einwohner aus dem Osten Londons in die Gegend von Soho und die ersten chinesischen Restaurants und Geschäfte öffneten. Günstig wirkte sich auch aus, dass viele Soldaten, die aus dem Fernen Osten zurückgekehrt waren, die chinesische und asiatische Küche zu schätzen gelernt hatten und damit die ideale Kundschaft für das Londoner Chinatown bildeten.
Bereits ein Jahrzehnt später lebten Zehntausende chinesische Bürger in London, die gerade auch aus der Kronkolonie Hongkong nach London zogen. Für sie war Londons Chinatown das kulturelle Zentrum der Stadt.
In den Achtzigerjahren wurden dann als markante Eckpunkte des Viertels die Tore hinzugefügt, die heute so viele bewundernde Augen auf sich ziehen. Außerdem wurden in dieser Zeit auch Teile des Viertels zu Fußgängerzonen umgestaltet, was einen Spaziergang durch das Londoner Chinatown so angenehm macht.
Nach wie vor bildet die Gerrard Street die zentrale Straße von Londons Chinatown und zieht vor allem Touristen an. Erkundet man die Gegend ein wenig mehr, so entdeckt man nur ein paar Straßenecken weiter weniger touristische Straßen, die mindestens genauso interessant sind, darunter oft auch Restaurants und Geschäfte mit deutlich günstigeren Preisen.
Typisch für das Viertel sind die zweisprachigen Straßenschilder, auf denen die Straßen sowohl auf Englisch als auch in chinesischer Sprache ausgewiesen werden. Die Straßen sind typisch chinesisch dekoriert mit Stein-Löwen und anderen chinesischen Skulpturen, mit Lampions in den Straßenzügen, und viel typisch chinesischer Dekoration vor den Geschäften und Restaurants.
Was macht das Londoner Chinatown so sehenswert? Zum einen ist da natürlich die ganz unvergleichliche Atmosphäre. Das Leben sprudelt, die Bewohner und alle, die in Chinatown arbeiten und leben, eilen geschäftig hin und her. Läden locken mit typisch chinesischen Souveniren aus China, mit Kleidung, mit allem möglichen Kleinkram und natürlich sollte man nicht die Supermärkte mit chinesischen Lebensmitteln vergessen. So kann man tatsächlich auf Souvenirjagd und oft sogar auf Schnäppchenjagd gehen. Man findet außerdem Gesundheitszentren, sogenannte „health clincis“ für traditionelle chinesische Medizin bis hin zu Massagestudios. Aber natürlich gibt es auch Reiseagenturen, Anwälte und Steuerberater, die eben alle auf chinesische Klienten ausgerichtet sind, so wie es in einer Chinatown eben sein muss.
Und schließlich wären da noch die Restaurants zu erwähnen. Auch sie locken die Besucher mit unvergleichlichen Gerüchen an und wer gern ein gutes, gerade für Londoner Verhältnisse wirklich günstiges Essen sucht, ist in Chinatown genau richtig. Nach wie vor bieten viele Restaurants sogenannte „All You Can Eat“-Preise an, Buffets, bei denen man einen festen Preis bezahlt und sich dann vom Buffet holt, was man essen kann. Aber auch wer à la carte bestellt, bekommt für relativ wenig Geld eine üppige, gute Mahlzeit. Wenn du also die chinesische bzw. asiatische Küche magst, dann solltest du unbedingt eines der Restaurants in Chinatown aufsuchen.
Im Februar ist eine besonders gute Zeit, das Londoner Chinatown zu erkunden, denn zu dieser Zeit wird das chinesische Neujahrsfest gefeiert. Dann findet ein großer festlicher Umzug durch das Viertel und die angrenzenden Straßen Shaftesbury Avenue und Charing Cross Road statt und die Menschen feiern gemeinsam ausgelassen den Beginn des neuen Jahres, das sich eben nach dem chinesischen Kalender richtet.
U-Bahn-Stationen für Londons Chinatown: Piccadilly Circus oder Leicester Square (beide Piccadilly Line).
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Diana (Freitag, 06 September 2024 06:00)
Hallo Olivia,
vielen Dank, das freut mich sehr.
Viele Grüße
Diana
olivia (Donnerstag, 05 September 2024 16:02)
ich musste ein referat über chinatown machen und diese seite hat mir ziemlich geholfen